Von einem Verfolger zu Gottes auserwähltem Werkzeug

(Paulus‘ Verteidigungsrede für die Juden)

Apostelgeschichte 21,40 – 22,29
Leitverse 22,14.15

„Er aber sprach: Der Gott unserer Väter hat dich erwählt, dass du seinen Willen erkennen sollst und den Gerechten sehen und die Stimme aus seinem Munde hören; denn du wirst für ihn vor allen Menschen Zeuge sein von dem, was du gesehen und gehört hast.“

Dank sei dem Herrn, dass er den 43. Jubiläumsgottesdienst am vergangenen Wochenende reichlich gesegnet hat. Wir durften uns an das mächtige Wirken Gottes durch die Hausgemeinde von M. Peter und M. Sarah Chang in den vergangenen 43 Jahren erinnern. Wir haben gesehen, wie Gott ihren Glauben und Hingabe gebraucht hat, entschlossene Jünger Jesu aufzustellen. Drei Generationen der Mitarbeiter haben aktiv den Gottesdienst gestaltet. Wir wurden durch die internationalen Gäste getröstet und gestärkt. Vor allem durften wir durch Daniel 12 lernen, dass die Bibellehrer die wahren Sterne in dieser finsteren Zeit sind. Nun dürfen wir beten, dass wir als solche hell leuchtenden Sterne leben und 10.000 ZBS-Teams mit den Studenten bilden, so dass Deutschland und Europa geistlich wiedererweckt als Hirtennation für die Weltmission gebraucht werden.

Heute wollen wir über die Verteidigungsrede von Apostel Paulus vor den Juden nachdenken. Durch sein Glaubenszeugnis sehen wir Gottes wunderbare Gnade und das mächtige Veränderungswerk in seinem Leben, wie Gott ihn von einem Verfolger der ersten Christen zum auserwählten Werkzeug Gottes und Missionar für die Weltmission verändert hat. Lasst uns uns an die Gnade Gottes in unserem Leben erinnern und mit einem klaren Glaubenszeugnis wie Paulus für das Werk der geistlichen Wiedererweckung unter den jungen Studenten dieser Generation gebraucht werden.

1. Die Begegnung mit dem auferstandenen Christus (21,40 – 22,16)

In Apostelgeschichte 21 haben wir studiert, wie die Gemeindeleiter in Jerusalem Apostel Paulus empfahlen, sich vor den Juden als ein gesetzestreuer Jude zu präsentieren, indem er mit einigen, die ein Gelübde abgelegt hatten, in den Tempel ging und die Kosten für ihre Reinigung übernahm. Paulus folgte der Anweisung bereitwillig. Doch entgegen ihrer Hoffnung führte dies nicht dazu, dass sich die Meinung der sehr streng und gesetzlich denkenden Juden gegenüber Paulus verbesserte. Ganz im Gegenteil gab es ein neues Problem, weil einige Juden, die aus der Provinz Asien gekommen waren, ihn im Tempel erkannten und daraufhin einen Aufstand gegen ihn anzettelten. Sie stachelten den Mob auf, bis sie Paulus aus dem Tempel zerrten und ihn sogar steinigen wollten, weil er angeblich einen Nicht-Juden in den heiligen Bezirk geführt hätte. Paulus geriet in eine ausweglose Lage. Doch Gott beschützte seinen Knecht durch die römische Autorität. Der Oberst der Römischen Wache in Jerusalem wurde durch den Lärm aufgeschreckt und ging sofort mit seinen Soldaten dazwischen, um den Aufstand zu stoppten. Er nahm Paulus, den er für den Anführer hielt, gefangen.

Sobald Paulus von den Soldaten abgeführt wurde, war er erst einmal in Sicherheit. Er konnte auch schnell klarstellen, dass er nicht der Aufrührer aus Ägypten war, für den ihn der Oberst zunächst gehalten hatte. Paulus hätte nun einfach still bleiben können, um der Gefahr zu entkommen. Aber er hatte ein brennendes Hirtenherz für die Juden, die so verblendet waren und ihn in ihrem falschen Eifer fast getötet hätten. Als sie an die Stufen zur Burg kamen, bat er den Oberst, dass er einige Worte an das Volk richten könnte. Der Oberst war über das gute Griechisch von Paulus und seine furchtlose Haltung erstaunt und gab ihm die Gelegenheit zu dem Volk zu sprechen.

Sehen wir uns Vers 40 von Kapitel 21 an: „Als er es ihm aber erlaubte, trat Paulus auf die Stufen und winkte dem Volk mit der Hand. Da entstand eine große Stille und er redete zu ihnen auf Hebräisch und sprach.“ Wie ein Senator brachte Paulus das Volk zum Schweigen und begann dann seinerseits auf Hebräisch zu ihnen zu reden. Seine Rede war nicht von Wut oder Ärger erfüllt, wie man es in solch einer Situation erwarten könnte. In seiner Rede sehen wir vielmehr, dass er das Herz der Juden verstand. Er konnte sie ansprechen und ihre Aufmerksamkeit gewinnen, indem er nicht nur die gleiche Sprache wie sie sprach, sondern sich darüber hinaus mit ihnen identifizierte.

Betrachten wir die Verse 1 und 2: „Ihr Männer, liebe Brüder und Väter, hört mir zu, wenn ich mich jetzt vor euch verantworte. Als sie aber hörten, dass er auf Hebräisch zu ihnen redete, wurden sie noch stiller. Und er sprach.“ Wie bei einer Gerichtsverhandlung oder einem Verhör, begann Paulus, dass er sich vor ihnen verantworten wollte. Dies bedeutete aber nicht, dass er versuchte sich zu verteidigen oder seine Unschuld zu beweisen. Vielmehr wollte er diese Gelegenheit nutzen, um durch sein Glaubenszeugnis das Evangelium an seine Landsleute weiterzugeben, um ihnen zur geistlichen Einsicht zu verhelfen und ihnen so den Weg der Buße zu öffnen.

Sehen wir uns Vers 3 an: „Ich bin ein jüdischer Mann, geboren in Tarsus in Zilizien, aufgewachsen aber in dieser Stadt und mit aller Sorgfalt unerwiesen im väterlichen Gesetz zu Füßen Gamaliels, und war ein Eiferer für Gott, wie ihr es heute alle seid.“ Paulus identifizierte sich als ein Jude. Er war zwar in Kleinasien geboren, war aber in Jerusalem zur Schule gegangen und hatte hier eine strenge jüdische Erziehung durchlaufen. Er war Schüler eines sehr geachteten Rabbiners namens Gamaliel gewesen, der schon in Apostelgeschichte 5 erwähnt wurde. Paulus konnte die Juden gut verstehen, die er, wie sich selber damals, als „Eiferer für Gott“ bezeichnet. Er dachte nicht, dass sie böse wären oder gefährlich, sondern erkannte, dass hinter ihrer Aggression ihr Eifer für Gott stand. Paulus selber hatte auf diese Weise früher die Christen verfolgt gehabt, indem er sich selbst für gerechter hielt. Erst durch die Begegnung mit dem auferstandenen Christus wurden seine geistlichen Augen geöffnet. Er erkannte, dass er in der Tat geistlich blind gewesen war und in seinem falschen Eifer sogar den Herrn verfolgt hatte.

Paulus versuchte nicht, seiner Vergangenheit und seine Sünde zu beschönigen, sondern bekannte öffentlich, was für ein schlimmer Sünder er gewesen war. In seinem falschen Eifer hatte er die Christen brutal verfolgt, sie ins Gefängnis geworfen und sogar Genugtuung verspürt, als Stephanus gesteinigt wurde. Er war ein schlimmer Sünder der Selbstgerechtigkeit, des Hasses und der Mordgedanken gewesen. Es ist sehr wichtig, zu erkennen und anzuerkennen, was für ein schlimmer Sünder wir sind, so dass Gottes Gnade an unserem Leben klar offenbart und bezeugt werden kann.

Dann berichtete Paulus in den Versen 6 bis 8 von seiner Bekehrung. Lesen wir diese Verse gemeinsam: „Es geschah aber, als ich dorthin zog und in die Nähe von Damaskus kam, da umleuchtete mich plötzlich um die Mittagszeit ein großes Licht vom Himmel. Und ich fiel zu Boden und hörte eine Stimme, die sprach zu mir: Saul, Saul, was verfolgst du mich? Ich antwortete aber: Herr, wer bist du? Und er sprach zu mir: Ich bin Jesus von Nazareth, den du verfolgst.“ Eines Tages war Paulus in seinem Verfolgungswahn auf dem Weg nach Damaskus. Da wurde er plötzlich von einem hellen Licht vom Himmel umleuchtet. Gleichzeitig hörte er eine Stimme, die ihn rief: „Saul, Saul, was verfolgst du mich?“ Als er sehr verwirrt war über diese Erscheinung, sagte die Stimme weiter: „Ich bin Jesus von Nazareth, den du verfolgst.“ Eigentlich hätte Jesus seinen Feind hart bestrafen und vernichten müssen, aber stattdessen umarmte er ihn mit seiner Liebe, offenbarte sich ihm und nahm ihn an. Diese persönliche Begegnung mit dem auferstandenen Herrn Jesus war die wunderbare und unverdiente Gnade Gottes für einen herzlosen Verfolger, der sich an vielen Christen versündigt hatte. Jesus verdammte ihn nicht, sondern rief ihn mit seinem Namen, damit er zur Einsicht und Umkehr zu Gott kommen konnte. Wir nennen dies das Damaskus-Erlebnis von Apostel Paulus, das eine der bekanntesten Bekehrungsgeschichten im Neuen Testament darstellt. Sie bildete den Wendepunkt, dass der Verfolger Saulus zum Apostel Paulus verändert wurde, einem der wichtigsten Missionare der ersten Kirche.

Doch die Bekehrung von Paulus war mit dieser Begegnung mit Jesus noch nicht zu Ende. Jesus hatte ihn angewiesen, nach Damaskus zu gehen, wo man ihm weiterhelfen würde. Jesus arbeitet nie alleine, sondern wirkt mit seinen Leuten zusammen. Paulus war wegen des hellen Lichtes geblendet und konnte nicht mehr sehen. Seine Begleiter hatten zwar die Begebenheit mitbekommen, aber weder Jesus gehört noch irgendetwas verstanden. Sie führten ihn nun an der Hand, so dass er trotz der Erblindung sicher nach Damaskus kommen konnte.

Nun sandte Jesus einen Gläubigen namens Hananias und stellte ihn als einen Hirten für Paulus auf. Dieser Hananias nahm Paulus, obwohl er ein gefährlicher Verfolger war, auf. Er ging zu ihm und begrüßte ihn als seinen „lieben Bruder“. Dann stellte er sein Augenlicht wieder her. Schließlich half er ihm durch das Bibelstudium zu erkennen, wozu Gott ihn erwählt hatte. Sehen wir uns die Verse 14 und 15 an: „Er aber sprach: Der Gott unserer Väter hat dich erwählt, dass du seinen Willen erkennen sollst und den Gerechten sehen und die Stimme aus seinem Munde hören; denn du wirst für ihn vor allen Menschen Zeuge sein von dem, was du gesehen und gehört hast.“ Hananias erinnerte Paulus daran, wie er Jesus persönlich begegnet war und was es für ihn bedeutete. Die Gnade der Vergebung und der Berufung Gottes hängen unmittelbar zusammen. Seine persönliche Begegnung mit Jesus war gleichbedeutend mit der Berufung, diese Gnade nun auch vor anderen Menschen zu bezeugen: „Du wirst für ihn vor allen Menschen Zeuge sein von dem, was du gesehen und gehört hast.“

In unserer Zeit gibt es nicht wenige, die zwar Jesu Vergebungsgnade angenommen haben, die jedoch ohne Berufung und Mission leben. Gottes Gnade und Berufung sind wie zwei Seiten der gleichen Medaille. Wenn Gott uns seine Gnade schenkt, dann denkt er nicht nur daran, uns zu retten, sondern er möchte durch uns alle Menschen segnen. Gott berief einen Menschen Abraham und sagte zu ihm: „Du sollst ein Segen sein.“ Als Petrus sich als Sünder vor Jesus erkannte, sagte er zu ihm: „Fürchte dich nicht! Von nun an wirst du Menschen fangen.“ So empfing auch Paulus die Vergebungsgnade und die Berufung als auserwähltes Werkzeug Gottes für die Heidenmission. Wenn wir Gottes Gnade empfangen haben, dann möchte Gott, dass wir diese mit unserer Familie und Freunden, mit den Studenten an unserer Fakultät, schließlich mit allen Menschen in der ganzen Welt teilen.

Sehen wir uns weiter Vers 16 an: „Und nun, was zögerst du? Steh auf und rufe seinen Namen an und lass dich taufen und deine Sünden abwaschen.“ Hananias ermahnte Paulus, nicht zu zögern, sondern eine klare Entscheidung für die Gnade Jesu zu treffen, indem er Jesus aufnahm und sich taufen ließ. Genauso sollen auch wir der Gnade Jesu gegenüber nicht unentschlossen bleiben, sondern uns entscheiden, sie anzunehmen, uns taufen zu lassen und das neue Leben in Jesus zu beginnen.

Ich kenne einen jungen Mann, der ebenfalls ein Eiferer war. Sein Eifer war besonders für seinen finanziellen Erfolg, darum stand er jeden Morgen sehr früh auf, um die Aktienkurse zu checken. Doch durch das Bibelstudium über Mk 8,29 begegnete er Jesus als seinem Christus. Er tat Buße, dass er nur sich selbst und seinen Erfolg geliebt, aber Gott in seinem Leben ignoriert hatte. Von da an wurde sein Leben geändert und Jesus wurde der neue Mittelpunkt seines Lebens. Er verließ sein altes Leben, um die Lebensgemeinschaft mit Gottes Leuten zu beginnen. Nun ist er ein Eiferer für Jesus, den Gott als einen tüchtigen Bibellehrer für die Studenten der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg gebraucht.

Ich war ein selbstgerechter und selbstsicherer Informatiker und dachte, wie viele andere auch, dass ich eigentlich Jesus nicht brauchen würde. Aber Jesu Frage in Johannes 5,6 öffneten meine geistlichen Augen: „Willst du gesund werden?“ Äußerlich war mein Leben OK. Jesus half mir zu erkennen, wie krank ich war, wegen meiner Selbstzentriertheit, meiner Kaltherzigkeit und meiner Rebellion gegenüber Gott. Wegen meiner Sünde war ich völlig von Gott getrennt. Jesus aber kam in diese Welt und hat sein Leben am Kreuz gegeben, um mich gesund zu machen, meine Beziehung zu Gott wiederherzustellen. Als ich diese Liebe Gottes annahm, veränderte es mein Leben um 180 Grad. Hatte sich früher mein Herz nicht einmal bewegt, als ein Freund beinahe an Magersucht starb, durfte ich nun anfangen, die anderen mit der Liebe Gottes zu betrachten. Gott stellte mich als einen Hirten und Bibellehrer für die Studenten auf, der die Liebe Gottes durch das Zweierbibelstudium weitergeben durfte. So durfte ich in der Gnade Gottes als ein Segen für einige junge Menschen und sogar für die Weltmission gebraucht werden. Preis sei Jesus!

In diesem Abschnitt haben wir das Glaubenszeugnis von Paulus kennengelernt, der durch die Gnade Jesu von einem Verfolger der Gemeinde zu einem Werkzeug Gottes für die Weltmission verändert wurde. Jesu Gnade hat Veränderungsmacht, den schlimmsten Sünder rein zu waschen und ihn sogar in seinem Heilswerk zu gebrauchen. Lasst uns die Gnade Jesu persönlich annehmen und in unserm Glaubenszeugnis weitergeben, was wir von Jesus gesehen und gehört haben. Gott möchte uns gebrauchen, dass durch uns die jungen Menschen zur Umkehr zu Jesus kommen, dass Deutschland noch einmal geistlich erweckt und als eine Hirtennation für die Weltmission gebraucht werden kann.

2. Ein Apostel für die Heiden (22,17-29)

In den Versen 17 bis 21 berichtet Paulus von einer weiteren Begegnung mit Jesus, die er im Tempel von Jerusalem hatte. Hier war er in Verzückung geraten und hatte Jesus gesehen, der ihm die Anweisung gab, Jerusalem sofort zu verlassen, weil die Juden sein Zeugnis nicht annehmen würden. Doch Paulus war durchaus anderer Meinung. Er hatte gedacht, dass seine Landsleute gerade, weil sie sein altes Leben genau kannten, durch seine Bekehrung ebenfalls Buße tun und bekehrt werden würden. Wie konnten sie das nicht glauben, was er doch ganz real erlebt hatte und was sein Leben verändert hatte? Aber ihr Unglaube war keine Frage des Verständnisses, sondern eine Frage ihrer Rebellion gegenüber Gott und Gottes Ratschluss.

Lesen wir Vers 21: „Und er sprach zu mir: Geh hin; denn ich will dich in die Ferne zu den Heiden senden.“ Jesu Berufung für Paulus waren nicht die Juden, sondern die Heiden. Die Weltmission war nicht Paulus‘ persönliche Idee oder Vorstellung, sondern der absolute Befehl Jesu und der Ratschluss Gottes für ihn. Gott hatte ihn errettet, um ihn als seinen Zeugen zu gebrauchen und ihn in die Ferne zu den Heiden zu senden. Jesus schenkt uns seine Gnade, weil er einen Plan für unser Leben hat. Er will durch unser Zeugnis und unser Zweierbibelstudium sein Wiedererweckungswerk in Deutschland und Europa führen und uns sogar für den Bau von Stützpunkten in den Ländern der M Welt gebrauchen.

Lesen wir nun den Vers 22: „Sie hörten ihm aber zu bis zu diesem Wort; denn erhoben sie ihre Stimme und riefen: Hinweg mit diesem von der Erde! Denn er darf nicht mehr leben.“ Hier erfuhr Paulus eine böse Überraschung. Bisher hatten die Juden ihm still zugehört. Die himmlische Erscheinung konnten sie akzeptieren, dass er sein Leben 180° verändert hatte, war verständlich. Sogar seinen Glauben an Jesus hatten sie akzeptiert. Doch als er von der Weltmission sprach, kochten es in ihnen über. Dass die Botschaft Gottes nicht mehr für die Juden gelten sollte, sondern zu den Heiden gebracht werden sollte, war für sie skandalös und nicht akzeptabel. Sie begannen zu schreien und ihre Kleider abzuwerfen und Staub in die Luft zu wirbeln. Der Mob kochte und war kurz davor, Paulus zu töten. Aus Sorge um das Leben von Paulus, ließ der Oberst ihn schnell in die Burg abführen.

Hier sehen wir, dass die Juden sehr allergisch auf die Tatsache reagierten, dass Paulus dem Weltmissionsbefehl Jesu gehorchte und das Evangelium zu den Heiden gebracht hatte. Dies war für sie wie ein Verrat an ihrer jüdischen Identität, als ob er alle Gebote Gottes gleichzeitig gebrochen hätte. Wie wir durch unser Bibelstudium wissen, hatten die Juden seit Jahrhunderten dafür gekämpft, den griechischen und römischen Einfluss zurückzudrängen und ihre jüdische Identität zu bewahren, so wie etwa zur Zeit von Anitochus IV. Es war für sie eine Sache auf Leben und Tod geworden, ihre jüdische Identität zu bewahren, obwohl sie unter der Besatzungsmacht leben mussten. Darum erschien ihnen die Weltmission wie ein Kapitalverbrechen zu sein.

Eigentlich finden wir die Weltmission schon im Alten Testament. Gott hatte den Propheten Jona nach Ninive, der Hauptstadt Assyriens, gesandt. Elisa heilte den Aramäischen Hauptmann Naaman, obwohl dieser ein ausgewiesenen Feind Israels war. In Jesaja 49,6 steht: „Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, die Stämme Jakobs aufzurichten und die zerstreuten Israels wiederzubringen, sondern ich habe dich auch zum Licht der Heiden gemacht, dass du seist mein Heil bis an die Enden der Erde.“ Aber die Juden hatten Gottes Herz für die Heiden ignoriert und dachten, dass der Glaube ihr exklusives Privileg wäre. Sie versuchten dieses Privileg mit aller Kraft festzuhalten und wollten es mit niemand anderem teilen. Darum schien ihnen die Heidenmission, wie sie Paulus betrieb, wie ein todeswürdiges Verbrechen.

Im Neuen Testament sehen wir, dass auch Jesus das Herz Gottes für die Weltmission betonte. Jesus kümmerte sich sehr intensiv um eine samaritische Frau, die bei den Juden als unrein und ausgeschlossen galt. Jesus segnete einen römischen Hauptmann, der besseren Glauben hatte als die meisten Juden. Jesus gab sein Leben schließlich als ein Lösegeldopfer nicht nur für einige exklusiv ausgewählte Menschen, sondern für alle Menschen aller Nationen, die an ihn glauben würden. Er hat niemanden von seiner Vergebungsgnade ausgenommen, auch nicht den römischen Hauptmann unter dem Kreuz. Obwohl Jesus selber nur in Israel wirkte, sandte er nach seiner Auferstehung die Jünger mit dem Weltmissionsbefehl aus, das Evangelium zu allen Völkern zu bringen.

Es ist verständlich, dass Menschen zuerst an sich selbst und ihr eigenes Land denken. Erst seit dem Pietismus haben die Menschen in Deutschland und Europa angefangen, das Herz Gottes für die Weltmission etwas zu verstehen. Als die ersten Missionare aus Korea nach Deutschland kamen, wurden diese anfangs sehr feindselig von den einheimischen Kirchen betrachtet. Jetzt dürfen wir auch unsere Herzen für die M-Mission erweitern, indem wir erkennen, dass Gott uns in die Ferne zu den Heiden senden will. Unser Gott ist kein Nationalist, sondern der Heiland aller Menschen.

Sobald Paulus im Gewahrsam der Römer war, befand er sich in einer anderen Welt. In der Burg Antionia gab es keine Juden und keine Rechte der Juden mehr. Hier galt römisches Recht und römische Härte. Der Oberst wollte erfahren, warum es zu dem Aufruhr gekommen war, darum ließ er Paulus festbinden und geißeln, damit er ordentlich verhört werden könnte. Dies war offenbar eine gängige Praxis gegenüber jüdischen Gefangenen. Nur im letzten Moment konnte Paulus sich an den Hauptmann der Folterabteilung wenden und ihn davon überzeugen, dass er das römische Bürgerrecht besaß. Das römische Bürgerrecht war damals ein außerordentliches Privileg, welches einer Person überall in der Welt höchste Ehre und sorgsame Aufmerksamkeit garantierte. Von einem Moment auf den anderen war er damit in den Augen des Obersts von einem unbedeutenden Provinzler, für den sich niemand interessierte, zu einem Adeligen aufgestiegen, der sogar über ihm stand. Darum stoppte er sofort die Vorbereitungen zur Geißelung und wurde voller Furcht, dass Paulus später etwas Negatives über ihn berichten könnte. Wir sehen hier, dass Paulus nicht ein Opfer der Situation war, sondern sein Bürgerrecht geschickt nutzte, um die Ungerechtigkeit aufzuzeigen, einen rechtmäßigen Gerichtsprozess zu erzwingen und schließlich das Evangelium bis nach Rom zu bringen.

Wir erinnern uns an Martin Luther, der mutig nach Worms ging, obwohl es für ihn Lebensgefahr bedeutete, um dort die Wahrheit des Evangeliums vor dem Kaiser zu verteidigen. Er hatte aber die Aufforderung sich in Rom einem Prozess zu unterziehen, abgelehnt, weil schon klar war, dass er dort auf keinen Fall gehört würde. In diesem Sinne dürfen wir auch alles, was Gott uns anvertraut hat, mit Weisheit einsetzen, in der Zeit der Verfolgung die Wahrheit Gottes zu verteidigen und der Weltmission zu dienen.

In der heutigen Lektion haben wir das Glaubenszeugnis von Apostel Paulus kennengelernt. Trotz des Unglaubens und der gewalttätigen Ablehnung der Juden, half Paulus ihnen mit dem Hirtenherzen, um sie zur Buße und Umkehr zu führen. Paulus nutzte jede Gelegenheit, nicht sich selbst zu verteidigen, sondern um die wunderbare Gnade Jesu an seinem Leben zu bezeugen und ihnen den Ratschluss Gottes zu verkündigen. Wie Paulus Leben durch die Gnade Gottes verändert war, so wollte Gott auch ihr Leben verändern und sie als eine königliche Priesterschaft für die Weltmission gebrauchen. Lasst uns uns wie Paulus an die wunderbare Gnade Gottes an unserem Leben erinnern und diese mutig bezeugen, damit auch die jungen Menschen in unserem Land zur Umkehr zu Jesus finden und geistlich erweckt noch einmal als eine Hirtennation für die Weltmission gebraucht werden können.

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