Lektion 9: Seid vollkommen (Mt 5,48)
Seid vollkommen
Matthäus 5,17-48
Leitvers 5,48
„Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist.“
In den letzten Wochen durften wir uns an das Evangelium von Jesu Tod und Auferstehung erinnern. In seiner großen Barmherzigkeit hat Gott uns wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu von den Toten. Wegen dieser lebendigen Hoffnung laufen wir nicht länger den trügerischen Hoffnungen dieser Welt hinterher, sondern führen ein heiliges Leben mit der Mission Gottes, indem wir das Kreuz unserer Mission mit Freude tragen, das Evangelium allen Menschen bringen und sie als Jünger Jesu aufstellen.
Heute wollen wir noch einmal Mt 5,17-48 betrachten. Jesus lehrt uns in diesem Abschnitt, wie wir praktisch als Salz der Erde und als Licht der Welt leben und guten Einfluss ausüben können. Als Jünger Jesu sollen wir nicht so bleiben wie wir sind, sondern nach Vollkommenheit streben, weil auch unser Vater im Himmel vollkommen ist. Gott helfe uns, unsere völlige Hilflosigkeit vor dem Gesetz anzuerkennen, durch die Gnade Jesu Gottes Gerechtigkeit anzuziehen und in dem Bild Jesu immer weiter heranzuwachsen.
1. Jesus erfüllt das Gesetz (17-20)
Sehen wir uns Vers 17 an: „Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen.” Als Jesus das Evangelium vom Reich Gottes predigte, geschah seine Verkündigung in Kraft und Vollmacht. Während seine Worte in den Ohren der Menschen wie neuer Wein waren, glichen die Worte der Pharisäer und Schriftgelehrten altem Wein. Sie lehrten die Leute verschiedene Gesetze des Alten Testaments, trockene und herzlose Gebote und Verbote, woran sich die Menschen zu halten hatten. Jesu Worte hingegen waren eine frohe und Leben gebende Botschaft, die die Herzen der Menschen bewegte. Er berief gewöhnliche Menschen, wie z. B. Fischer und Zöllner als seine Jünger und heilte viele Kranke. Er saß mit öffentlichen Sündern an einem Tisch und hatte mit ihnen Gemeinschaft. Die religiösen Leiter hatten für diesen Jesus nichts übrig. Sie wurden neidisch und fingen an, ihn zu kritisieren. Sie behaupteten, dass seine Lehre gegen das Gesetz sei und er es auflösen wollte.
Aber Jesus widersprach dem entschieden. Obwohl seine Predigt so anders, lebendig und ermutigend war, war er doch nicht gekommen, die Gesetze oder die Propheten aufzulösen, sondern zu erfüllen. Jesus blieb sein Leben lang ohne irgendeine Sünde. Seine Liebe zu Gott und den Menschen war vollkommen. Durch seinen Gehorsam gegenüber dem Willen Gottes bis zum Tod am Kreuz gingen alle Verheißungen der Schrift in Erfüllung. Darüber hinaus wurden alle Forderungen des Gesetzes gegenüber der Gerechtigkeit Gottes erfüllt. So wurde Jesus das Lamm Gottes das der Welt Sünde getragen und das Erlösungswerk Gottes vollbracht hat. Jesus schmälerte keineswegs Gottes Worte aus dem Alten Testament. Sehen wir uns Vers 18 an: „Denn wahrlich, ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird nicht vergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüpfelchen vom Gesetz, bis es alles geschieht.“ Jesus warnt uns hier, weder einen Buchstaben noch ein Tüpfelchen vom Gesetz zu relativieren. Es gibt keine Einteilung in wichtige oder unwichtige Gesetze. Anders gesagt dürfen wir Gottes Wort nicht relativieren. Als Gläubige sollen wir eine absolute Haltung gegenüber dem Wort Gottes haben. Besonders in unserer relativistischen Zeit sollen wir geistlich kämpfen, uns nicht dem Zeitgeist anzupassen, sondern nach dem Wort Gottes zu leben, auch wenn wir dafür Missverständnisse, Kritik und Ablehnung ernten sollten. Diejenigen, die Gottes Wort als Gottes Wort hochachten und es zum Maßstab ihres Lebens machen, sind die von Gott gesegneten Menschen. Der Psalmist schreibt: „Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege.” (Ps 105) Gott gab dem Volk Israel Gebote und Satzungen aus seiner Liebe heraus und sprach durch Mose: „So haltet sie nun und tut sie! Denn dadurch werdet ihr als weise und verständig gelten bei allen Völkern, dass, wenn sie alle diese Gebote hören, sie sagen müssen: Ei, was für weise und verständige Leute sind das, ein herrliches Volk!” (5. Mose 4,5.6)
In Mt 4,4 sagte Jesus: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.” Viele Menschen sind innerlich leer und ausgebrannt, weil sie kein Wort Gottes in ihrem Herzen haben. Ein junger Mann wuchs in einem christlichen Elternhaus auf, aber in seinem Herzen gab es kein Wort Gottes. Darum lebte er nur dafür, um in der Welt durch Reichtum, Karriere und Anerkennung glücklich zu werden. Doch innerlich blieb er leer und schrie in seinem Herzen: „Ich elender Mensch! Wer wird mich erlösen von diesem todverfallenen Leibe!” Als aber Gottes Wort aus Mk 8,29: „Du bist der Christus!” in sein Herz kam, schenkte Gott ihm das neue und wahre Leben in Christus. Welches Wort Gottes habt ihr in eurem Herzen?
Betrachten wir Vers 19 an: „Wer nun eines von diesen kleinsten Geboten auflöst und lehrt die Leute so, der wird der Kleinste heißen im Himmelreich; wer es aber tut und lehrt, der wird groß heißen im Himmelreich.” Dieser Vers sagt, dass derjenige, der Gottes Wort lehrt und tut Gottes Belohnung im Himmelreich empfangen wird. In alttestamentlicher Zeit entschied sich der Schriftgelehrte Esra, seinem Volk, das aus der babylonischen Gefangenschaft zurückgekehrt war, mit dem Wort Gottes zu dienen. Esra 7,10 sagt: „Denn Esra richtete sein Herz darauf, das Gesetz des Herrn zu erforschen und danach zu tun und Gebote und Rechte in Israel zu lehren.” Als Esra diese Entscheidung des Lebens traf und als Bibellehrer für sein Volk lebte, wurde schließlich das ganze Volk Israel geistlich wiederhergestellt. Gottes Herzenswunsch in unserer Zeit ist es, Deutschland und Europa zurück zur Bibel zu führen und geistlich zu erneuern. Dazu hat er uns berufen, dass wir Bibellehrer und Hirten für die jungen Menschen sein sollen. Jesus hat uns Mt 28,20 geboten, die Menschen alles zu lehren, was er uns befohlen hat. Wollt ihr die Kleinsten oder die Größten im Himmelreich sein? Jesus sagte klar und deutlich: „Wer die Gebote tut und lehrt, der wird groß heißen im Himmelreich.
Die Gebote zu halten und zu lehren ist eine Sache, aber ob wir dadurch vor Gott auch gerecht werden, ist eine andere. Sehen wir uns Vers 20 an: „Denn ich sage euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.” Die Pharisäer fasteten zweimal pro Woche und gaben treu den Zehnten von allem. Sie führten alle Waschungen und Zeremonien vorschriftsmäßig durch und führten ein strenges Gebetsleben. Aber wurden sie dadurch vor Gott gerecht? Nein, Jesus sagte klar, dass all ihre Bemühungen umsonst waren und sie nicht in das Himmelreich kommen würden. Wie können wir dann diese „bessere Gerechtigkeit”, von der Jesus hier sprach, erlangen?
In Johannes 8 führten die Pharisäer eine Frau zu Jesus, die auf frischer Tat beim Ehebruch ergriffen worden war. Dann sagten sie zu Jesus: „Mose hat uns im Gesetz geboten, solche Frauen zu steinigen. Was sagst du?” Es war richtig, dass nach dem Gesetz die Frau hätte gesteinigt werden müssen. Was aber sagte Jesus? Er sagte: „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie.” Und als sie das hörten, gingen sie weg, einer nach dem andern, bis Jesus mit der Frau allein dort stand. Dann sprach Jesus zu ihr: „Wo sind sie Frau, hat dich niemand verdammt?” Und sie antwortete: „Niemand Herr.” Und Jesus sprach: „So verdamme ich dich auch nicht; geh hin, und sündige hinfort nicht mehr.” Jesus relativierte die Sünde dieser Frau nicht. Sie hatte die ewige Strafe verdient gehabt. Aber Jesus verdammte sie nicht, sondern vergab ihr und schenkte ihr die Gelegenheit zur Buße und die Gelegenheit zu einem neuen Anfang.
Martin Luther ging einst ins Kloster und wurde Mönch, aber im Herzen hatte er keinen Frieden mit Gott. Sein Gewissen plagte ihn Tag und Nacht, dass er nicht streng genug fasten und nicht intensiv genug beten und es nicht schaffen würde, Gottes Ansprüchen gerecht zu werden. Doch durch das Wort Gottes aus Römer 1 und 3 durfte er schließlich erkennen, dass alle seine Werke ohne Glauben nur tote Werke waren und dass der Gerechte allein aus Glauben leben wird. Wir brauchen auch diese „bessere Gerechtigkeit”, nämlich die Gerechtigkeit die durch die Buße und aus dem Glauben an die vergebende Liebe Jesu kommt. Heute lädt uns Jesus ein, wie wir sind, mit unserer Sünde zu Jesus zu kommen und ihn um seine Gnade zu bitten. Wer das vollbrachte Erlösungswerk Jesu am Kreuz für sich im Glauben persönlich annimmt, dem schenkt Gott Vergebung, den macht Gott durch das Blut Jesu gerecht und schenkt ihm neues und ewiges Leben.
2. Von der Bruderliebe (21-37)
Sehen wir uns die Verse 21.22 an: „Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht töten; wer aber tötet, der soll des Gerichts schuldig sein. Ich aber sage euch: Wer seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichts schuldig; wer aber zu seinem Bruder sagt: Du Nichtsnutz!, der ist des Hohen Rats schuldig; wer aber sagt: Du Narr!, der ist des höllischen Feuers schuldig.” Hier sagt Jesus, dass vor Gott nicht nur die praktische Tat Sünde ist, die Strafe und Gericht mit sich bringt, sondern dass bereits unsere Worte Sünde sind und Folgen haben. Jesus warnt uns, nicht mit unserer Zunge zu sündigen, indem wir unbedacht ein böses Wort zu unserem Nächsten sagen. Wenn wir mit unserer Zunge gesündigt haben, müssen wir Buße tun. Wir müssen von Jesus lernen, seine vergebende Liebe zu praktizieren und in der Gemeinde Gottes ein Gefäß der brüderlichen Liebe und der Zusammenarbeit zu bilden. Dort, wo brüderliche Liebe und gegenseitige Hochachtung herrschen, wirkt Gott mächtig. Gott kann und wird ein solches Gefäß für die geistliche Erneuerung der ganzen Gesellschaft gebrauchen.
Sehen wir uns die Verse 23.24 an: „Darum: wenn du deine Gabe auf dem Altar opferst und dort kommt dir in den Sinn, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass dort vor dem Altar deine Gabe und geh zuerst hin und versöhne dich mit deinem Bruder, und dann komm und opfere deine Gabe.” Diese Verse sagen, dass wir keine Heuchler sein sollen. Wie traurig ist es, wenn jemand eine kostbare Gabe zu Gott opfert, aber im Herzen Streit mit seinem Bruder hat. Jesus sagt, dass wir zuerst Versöhnung mit unserem Bruder suchen und dann Gott opfern sollen. In Gottes Augen ist Versöhnung wichtiger als ein Opfer zu bringen. Gott sieht in unser Herz. Wenn unsere Beziehung zu einem Menschen nicht in Ordnung ist, dann ist unser Opfer nicht aufrichtig und Gott kann es nicht segnen. Kain und Abel brachten beide dem Herrn ein Opfer dar. Aber Gott sah Kains Opfer nicht gnädig an, weil Kain auf seinen Bruder Abel neidisch war. Es ist für uns einfach, unsere Liebe solchen Menschen zu bekennen und für sie zu beten, die weit von uns entfernt leben. Aber unsere Glaubensgeschwister, mit denen wir täglich zusammen sind, zu lieben, fällt uns oft schwer. Das ist so, weil wir, je enger wir miteinander zusammen leben, wir uns umso besser mit all unseren Stärken und eben auch unseren Schwächen gegenseitig kennen. Satan ist immer fleißig dabei, Streit und Zwietracht zwischen Glaubensgeschwistern zu säen. Darum müssen wir sofort hingehen und uns miteinander versöhnen, so dass das Gefäß der Einheit und der Liebe in der Gemeinde wiederhergestellt wird.
Lesen wir die Verse 25.26: „Vertrage dich mit deinem Gegner sogleich, solange du noch mit ihm auf dem Weg bist, damit dich der Gegner nicht dem Richter überantworte und der Richter dem Gerichtsdiener und du ins Gefängnis geworfen werdest. Wahrlich, ich sage dir: Du wirst nicht von dort herauskommen, bis du auch den letzten Pfennig bezahlt hast.” Als Gottes Kinder müssen wir uns mit unserem Gegner sogleich versöhnen. Wenn wir wegen einer Schuld ins Gefängnis kommen würden – wie sehr würde dadurch Gottes Name in der Welt entheiligt und entehrt werden. Wo aber herzliche Versöhnung geschieht, da können Gottes Kinder guten geistlichen Einfluss auf diese Welt ausüben.
Betrachten wir die Verse 27 und 28: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Du sollst nicht ehebrechen. Ich aber sage euch: Wer eine Frau ansieht, sie zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen.” Hier sagt Jesus klar, dass die Sünde bereits in Gedanken beginnt. Neid, Zorn, Bitterkeit, Mord und Ehebruch kommen aus unserem sündigen Herzen und äußeren sich zunächst in Worten und danach in Taten. Jesus verschärft hier sogar das alttestamentliche Gebot, indem er sagt, dass ein begehrlicher Blick bereits Ehebruch bedeutet. In den Versen 29-30 sagt Jesus, dass es für einen Menschen besser sei, ein Auge oder eine Hand wegzuwerfen, als den ganzen Leib verderben und in die Hölle werfen zu lassen. Wenn uns unsere rechte Hand verführen will, das Internet einzuschalten, um unsere Begierde nachzugehen, dann wäre es besser für uns, den Computer wegzuwerfen oder das Programm zu löschen oder unsere Hand abzuhauen, als dass unser ganzer Leib davon unrein wird und in die Hölle fährt.
Als Jesu Jünger und Gottes heiliges Volk müssen wir um die Ernsthaftigkeit der Sünde wissen und praktisch dagegen kämpfen. Wir sollen uns nicht entschuldigen, dass wir zu schwach wären, vielmehr müssen wir alles, was uns verführt praktisch abschneiden, damit wir der Sünde keinen Raum geben. Jesus wünscht sich von uns, dass wir unsere Glieder nicht der Sünde, sondern Gott hingeben. Apostel Paulus schreibt in Römer 12,1.2: „Ich ermahne euch nun, durch die Barmherzigkeit Gottes, dass ihr eure Leiber hingebt als ein Opfer, das lebendig, heilig und Gott wohlgefällig ist. Das sei euer vernünftiger Gottesdienst. Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.”
Sehen wir uns die Verse 31.32. an: „Es ist auch gesagt: Wer sich von seiner Frau scheidet, der soll ihr einen Scheidebrief geben. Ich aber sage euch: Wer sich von seiner Frau scheidet, es sei denn wegen Ehebruchs, der macht, dass sie die Ehe bricht; und wer eine Geschiedene heiratet, der bricht die Ehe.” Mose hatte den jüdischen Männern durch den so genannten „Scheidebrief” ermöglicht, sich unter gewissen Umständen von ihrer Frau scheiden zu können. Jesus aber spricht sich hier klar dagegen aus. Wer sich von seiner Frau scheidet, der ist für den Ehebruch seiner Frau verantwortlich. Heute ist Ehescheidung leider eine alltägliche Begebenheit geworden. Bei der Hochzeit wünschen sich alle Paare für immer glücklich und harmonisch leben zu können. Doch Tatsache ist, dass für fast jedes zweite Paar der bittere Moment der Scheidung kommt.
In der Welt scheint Trennung und Scheidung oft der einzige Ausweg zu sein, um Beziehungsprobleme zwischen Partnern zu lösen. Wo aber Jesus mit seiner bedingungslosen und vergebenden Liebe in das Leben der Menschen hineinkommt, können alle Wunden geheilt und auch zerstrittene Familien mit dem Frieden Gottes wiederhergestellt und versöhnt werden. Lasst uns dafür beten, dass viele junge Menschen durch das Bibelstudium die biblische Heiratsanschauung kennenlernen und sich entscheiden, eine gesegnete gott- und missionszentrierte Familien als Hausgemeinde für die Weltmission zu gründen. Möge Gott die kommende Hochzeit zwischen H. Samuel und H. Holy Maria segnen und diese Hausgemeinde als Quelle des Segens für die geistliche Erneuerung von Deutschland und Europa kostbar gebrauchen.
3. Seid vollkommen (38-48)
Sehen wir uns die Verse 38.39 an: „Ihr habt gehört, das gesagt ist: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ich aber sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollt dem Übel, sondern: wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar.” Weiter sagt Jesus, dass wenn uns jemand den Rock nimmt, dem sollen wir auch den Mantel geben. Wenn jemand uns nötigt, eine Meile mitzugehen, sollen wir zwei Meilen mit ihm gehen. Jesus lehrt hier, wie wir das Böse besiegen können. Das Böse kann man nicht mit Bösem, sondern nur mit Gutem besiegen. David im Alten Testament hatte mehrmals Gelegenheit, seinen Widersacher, den König Saul zu töten. Saul machte Davids Leben immer wieder schwer und trachtete ihm mehr als zehn Jahre lang nach dem Leben. Aber David wollte Saul, den Gott als König gesalbt hatte, nicht mit seiner Hand umbringen, sondern vertraute auf Gott und sein gerechtes Urteil. Schließlich beging Saul Selbstmord, und David wurde der König des vereinigten Israel. Vergeltung und Gericht stehen der Souveränität Gottes zu. Darum müssen wir böse Menschen Gott anvertrauen und sie mit Gutem behandeln. Das Evangeliumswerk ist ein Werk, dass man das Böse mit Gutem besiegt.
Im Gesetz steht geschrieben, dass man seinen Nächsten lieben und seine Feinde hassen soll (3. Mose 19,18; 5. Mose 7,2.3). Gott hatte dieses Gebot gegeben, damit die Israeliten ihre Identität als das auserwählte Volk nicht verlören. Dadurch sollten sie zum reifen Volk Gottes heranwachsen und eine Hirtennation für die anderen Völker werden. Jesus aber lehrte seine Jünger, dass sie für ihre Feinde beten sollten (44). Gott ist nicht ein engherziger Gott, der die Sonne nur für gute Menschen scheinen lässt. Unser Gott liebt alle Menschen und will, dass keiner verloren geht. Darum sollen wir, die Kinder Gottes, auch solche universale und vollkommene Liebe besitzen. Selbstsüchtige Menschen haben keine solche Liebe Gottes in ihrem Herzen und sind anderen gegenüber gleichgültig. Ihre Liebe ist egoistisch und voller Erwartung. Gottes Kinder aber lieben alle Arten von Menschen, auch die Menschen anderer Völker und sogar diejenigen, die uns nicht liebenswert erscheinen, die uns geärgert oder verletzt haben. Jesus betete für seine Feinde, für diejenigen, die ihn bespuckten, die ihn auspeitschten und ans Kreuz schlugen. Wenn wir Jesu Jünger sein wollen, sollen auch wir solche vollkommene, göttliche Liebe im Herzen haben und sie praktizieren.
Pastor Son war ein Mann, der solch vollkommene Liebe besaß. Seine beiden Söhne wurden von kommunistischen Rebellen kaltblütig ermordet. Aber statt sich an ihnen zu rächen, erinnerte er sich an Gottes Gnade an seinem Leben. Wegen dieser Gnade konnte er nicht anders, als den Mörder seiner Söhne zu adoptieren und nahm ihn wie seinen eigenen Sohn an. Eine junge Frau wurde jahrelang von ihrem Mann betrogen. Sie entschied sich, täglich in der Bibel zu lesen und Gottes Liebe zu verstehen und in ihr Herz aufzunehmen. Es war für sie ein harter geistlicher Kampf, sowohl ihrem Mann frühmorgens das Frühstück vorzubereiten, als auch der fremden Frau mit der Liebe Jesu zu begegnen. Aber als sie bis zum Ende betete und geistlich kämpfte, siegte schließlich das Gute über das Böse. Als ihr Mann mit Tränen Buße tat und sie ihm bedingungslos seine Sünde vergab, stellte Gott ihre Ehe völlig wieder her. Eine andere Frau wurde ebenfalls durch den Ehebruch ihres Mannes tief verletzt. Aber obwohl er Buße tat und ihre Ehe äußerlich wiederhergestellt zu sein schien, erinnerte sie sich ständig an die Sünde ihres Mannes und der Frau, mit der er Ehebruch begangen hatte. So aber wurde weder das Beziehungsproblem gelöst noch war eine Zusammenarbeit in der Gemeinde mehr möglich. Die Bibel aber sagt klar, dass wenn Gott uns unsere Sünden vergeben hat, er nicht mehr an unsere Sünden gedenken wird. Von Gottes Gesichtspunkt aus betrachtet heißt „vergeben“ also auch „vergessen“. Weil Jesus am Kreuz für alle unsere Sünden gestorben und er nach drei Tagen von den toten auferstanden ist, haben wir ein völlig neues Leben empfangen – ein Leben, das mit unserem alten Leben nichts mehr zu tun hat. Wegen dieser Gnade des neuen Lebens können wir als vergebene Sünder auch die Sünden unserer Nächsten vergeben und vergessen und in der Kraft des heiligen Geistes das Gefäß der Liebe und der Zusammenarbeit bilden.
Sehen wir uns Vers 48 an: „Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist.” Jesus wünscht sich von seinen Jüngern, dass sie vollkommen sein sollen. Jesus kennt unsere Schwachheit, aber er wünscht sich, dass wir nicht in unserer Schwachheit sitzen bleiben, sondern dass wir nach dem hohem Maßstab trachten und vollkommen werden. Wie können wir vollkommen werden? Durch das Gesetz? Nein, sondern nur durch die unverdiente Gnade Gottes. Wenn wir uns daran erinnern, wie Jesus uns zuerst geliebt hat, als wir noch Sünder waren, dann können wir von seiner Liebe erfüllt und ergriffen werden, dann können wir alle Versuchungen und Verletzungen des Satans überwinden und immer mehr in dem Bild Jesu heranwachsen. Gott helfe uns, vollkommen zu sein, indem wir seine bedingungslose, vergebende und heilende Liebe untereinander praktizieren und dadurch ein festes Gefäß der Liebe, des Gebets und des heiligen Geistes für die geistliche Erneuerung Deutschlands und Europas bilden.