Die vergebende Liebe (Matthäus 18,22)
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DIE VERGEBENDE LIEBE
Matthäus 18,15 – 35
Leitvers 18,22
„Jesus sprach zu ihm: Ich sage dir: nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal.“
Wir danken dem Herrn, der uns vergangene Woche lehrte, wer der Größte im Himmelreich ist, nämlich derjenige, der die rettende Liebe Gottes für die Verlorenen praktiziert. Welch überfließende Gnade und Barmherzigkeit Gottes haben wir empfangen, deren ewige Schuldner wir sind. Lasst uns in diesem Jahr das Hirtenherz Gottes für die verlorenen Seelen dieser Generation lernen, sodass wir den anvertrauten jungen Menschen bis zum Ende mit dem Hirtenherzen Gottes dienen und die geistliche Wiedererweckung vorbereiten dürfen. Im heutigen Text möchten wir über die vergebende und zur Buße führende Liebe zu unserem Bruder nachdenken und sie praktizieren lernen. Möge die vergebende Liebe Gottes in diesem Jahr etwas Großartiges in uns und unter uns bewirken.
1. Einheit in der Gemeinde (15-20)
In den Versen 15-20 spricht unser Herr Jesus von der Zurechtweisung in der Gemeinde. Im Neuen Testament wird die Gemeinde oft mit dem Leib Jesu Christi gleichgesetzt. Darum ist es so wichtig, dass die Gemeinde die Heiligkeit Gottes widerspiegelt inmitten einer Welt die verdorben und sündhaft ist. Wie sollen wir reagieren, wenn einer an uns sündigt? Sehen wir uns Vers 15 an: „Sündigt aber dein Bruder an dir, so geh hin und weise ihn zurecht zwischen dir und ihm allein. Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder gewonnen.“ Wir neigen leicht dazu über statt mit dem Betroffenen zu sprechen. Dann kann eine Angelegenheit zwischen zwei Brüdern leicht zu einem geistlichen Flächenbrand werden. Unser Herr Jesus lehrt uns hier, den direkten und persönlichen Kontakt mit dem Bruder zu suchen und ihn in der Liebe Christi und mit dem Hirtenherzen zurechtzuweisen. Hört er auf uns, so haben wir unseren Bruder gewonnen. Die rechte Zurechtweisung kommt immer aus der reinen Liebe zu Christus. Sprüche 27,5 sagt: „Offene Zurechtweisung ist besser als Liebe, die verborgen bleibt.“ Es ist sehr schwierig, unseren Bruder, der sich an uns versündigt hat, zu besuchen und ihn zu ermahnen. Aber so zu handeln ist die Weisheit Gottes. Liebe, die zur Buße führt, ist die wahre Liebe zum Bruder.
Bleibt der Bruder hartnäckig und unbußfertig, müssen wir ihn zu zweit oder zu dritt besuchen. Vers 16 sagt: „Hört er nicht auf dich, so nimm noch einen oder zwei zu dir, damit jede Sache durch den Mund von zwei oder drei Zeugen bestätigt werde.“ Wenn der Bruder trotzdem nicht umkehrt, müssen wir die Sache vor die ganze Gemeinde bringen. Vers 17a: „Hört er auf die nicht, so sage es der Gemeinde.“ Die Gemeinde sollte den Bruder unter dem Gebet ermahnen, seine Sünde tadeln und ihn zurechtweisen. In Vers 17b sagt Jesus weiter: „Hört er auch auf die Gemeinde nicht, so sei er für dich wie ein Heide und Zöllner.“ Wenn der Bruder nicht umkehrt, kann er nicht mehr zur Gemeinde gehören. Als letztes Mittel soll er aus der Gemeinde ausgeschlossen werden, um doch noch zur Besinnung zu kommen.
In diesen Versen geht es nicht darum, den Fehltritt eines Bruders zu bestrafen. Vielmehr geht es darum, dem Sünder, der willentlich in der Sünde beharrt, eine Gelegenheit zur Buße und zur geistlichen Wiederherstellung zu geben. Geistliche Zurechtweisung kommt aus der Vergebung und der reinen Liebe zur Seele des anderen. Gott helfe uns, mit der vergebenden Liebe Christi erfüllt, denjenigen zurechtweisen, der an uns gesündigt hat. Lasst uns die wahre geistliche Liebe anziehen, um Glaubensgeschwister, die an uns sündigen, zu ermahnen und zur Buße zu führen.
Wir lernen durch diese Verse, was Zurechtweisung bedeutet: es bedeutet nicht, den Bruder zu verurteilen. Es bedeutet vielmehr, dass man aus der reinen und vergebenden Liebe dem Bruder dient, sodass dieser durch Gebet und Wort Gottes zur Buße findet und wiederhergestellt werden darf.
Josef im Alten Testament wurde von seinen Brüdern, die ihn beneideten und für einen Träumer hielten, als ein Sklave nach Ägypten verkauft. Dies war ein dramatisches Ereignis für einen Teenager. Er hätte mit seinen Brüdern darum viel hadern können. Doch Gott bewahrte ihn und führte Josefs Leben und lies ihn schließlich zum zweitmächtigsten Mann in Ägypten werden. Als er viele Jahre später seine Brüder wiedertraf, übte er keine Rache an ihnen. Vielmehr half er ihnen, dass sie ihre Sünden erkennen und Buße tun konnten. Um sie zur Buße zu führen, musste Josef viel weinen. Als sie schließlich vor Gott ihre Sünden bekannten, wurde nicht nur ihre Beziehung zu Gott, sondern auch ihre geistliche Einheit wiederhergestellt.
Als König David mit der Frau seines treuen Generals Uria Ehebruch begangen hatte, lies er sogar Uria durchs Schwert im Kampf töten, um seine Tat zu vertuschen. Gott sandte den Propheten Nathan, um David zur Buße zu führen. Da brachte David seine Sünde zu Gott und tat aufrichtige Buße. In Psalm 51 finden wir Davids Bußgebet. Darin heißt es u.a.: „Gott, sei mir Sünder gnädig nach deiner Güte. … Wasche mich rein von meiner Missetat, und reinige mich von meiner Sünde. … Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz, und gib mir einen neuen, beständigen Geist.“ Als David seine Sünden bekannte, empfing er Gottes Vergebung und wurde als ein Mann Gottes wiederhergestellt, den Gott als Vorfahren des Messias gebrauchen konnte.
Danken wir Gott, der auch uns in seiner vergebenden Liebe zurechtweist, damit wir durch die Buße geistlich wiederhergestellt und als Segen für andere gebraucht werden können.
Sehen wir uns Vers 18 an: „Wahrlich, ich sage euch: Was ihr auf Erden binden werdet, soll auch im Himmel gebunden sein, und was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel gelöst sein.“ Jesus hat der ganzen Gemeinde die Verantwortung anvertraut, den Menschen geistlich zu helfen und sie zur Buße zu leiten, damit sie in das Himmelreich kommen können. Wenn wir diese Aufgabe treu erfüllen und den jungen Menschen durch das Zweierbibelstudium mit Gebet und Wort Gottes geistlich dienen, werden wir Gottes mächtiges Wirken in diesem Jahr erfahren, sodass 10.000 Bibellehrer und fünf Millionen Gebetsmitarbeiter aufgestellt und Deutschland und Europa als Hirtennation bzw. als Missionare sendender Kontinent für die Weltmission gebraucht werden.
Sehen wir uns die Verse 19.20 an: „Wahrlich ich sage euch auch: Wenn zwei unter euch eins werden auf Erden, worum sie bitten wollen, so soll es ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel. Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“ In der Welt gibt es so viel Zwietracht unter den Menschen. Vergeltung bewirkt einen immerfort währenden Teufelskreis. Wir sind Kinder Gottes und haben die vergebende Liebe in Christus erlebt und erfahren. In dieser vergebenden Liebe dürfen wir einander annehmen und vergeben und so die geistliche Einheit in der Gemeinde Gottes bilden, auf der die große Verheißung Gottes ruht.
Im Jahre 1727 kam es in Herrnhut zu einer tiefgreifenden geistlichen Krise. Jeder hatte etwas schlechtes über die anderen zu sagen, sodass sich einige Gruppierungen separieren wollten. Doch Graf von Zinzendorf betete und besuchte die Gemeindeglieder persönlich auf und lud sie zum Abendmahlsgottesdienst in die Kirche. Am Abend des 13. August fiel während der Abendmahlsfeier der Heilige Geist auf die zerstrittenen Parteien. Jeder bekannte dem Nächsten seine Sünden, man lag sich in den Armen von brüderlicher und vergebender Liebe erfüllt. So kam es zur Aussöhnung und eine Einheit der Liebe wurde gebildet. Diese Einheit der Liebe lies die Herrnhuter Brüdergemeine zu einem einflussreichen Werk für die Weltmission wachsen und von dem kleinen Ort Herrnhut wurden Missionare in alle Welt ausgesandt.
In diesem Abschnitt haben wir gelernt, dass Zurechtweisung aus der wahren Liebe und Vergebung kommt. Wir sollen nicht gleichgültig oder nachtragend gegenüber unserem Bruder bleiben, sondern ihm mit der vergebenden Liebe Jesu geistlich helfen und somit zur Buße führen. Wenn wir in der vergebenden Liebe und im Gebet geistlich kämpfen, wird Gott mächtig unter uns wirken, sodass die geistliche Einheit gebildet und das Reich Gottes im Leben der jungen Menschen aufgerichtet wird. Gott kann solch eine geistliche Einheit gebrauchen, dass Deutschland und Europa geistlich wiedererweckt werden.
2. Von der Vergebung (21-35)
Sehen wir uns die Verse 21 und 22 an: „Da trat Petrus zu ihm und fragte: Herr, wie oft muss ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Genügt es siebenmal? Jesus sprach zu ihm: Ich sage dir: nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal.“ Einem Bruder, der an uns sündigt, zu vergeben scheint uns die schwerste Sache der Welt zu sein, nicht wahr? Ein Bruder, der an uns sündigt, indem er vielleicht eine falsche Behauptung aufstellt oder etwas negatives über uns verbreitet. Wie weh tut es, dass uns ausgerechnet dieser Bruder, mit dem wir lange Zeit sogar im Werk Gottes zusammen gearbeitet haben, uns solches antut. Das sind oft Wunden, die unser Leben tief verletzen. Diesem Bruder zu vergeben ist unheimlich schwer. Petrus dachte, dass wenn er einem solchen Bruder siebenmal vergeben würde, dies wirklich großartig wäre. Doch wie antwortete Jesus ihm? Zu unserer Überraschung sagte Jesus: „Ich sage dir: nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal.“ Jesus wollte hier zum Ausdruck bringen, dass wir unserem Bruder immer und immer wieder vergeben sollen. Vergebung ist keine Strichliste – bis wir 490 mal vergeben haben; nein, Vergebung muss unsere grundlegende Herzenshaltung werden, wie wir ja auch im Vaterunser beten: „und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern!“
Lesen wir die Verse 23-27 gemeinsam: „Darum gleicht das Himmelreich einem König, der mit seinen Knechten abrechnen wollte. Und als er anfing abzurechnen, wurde einer vor ihn gebracht, der war ihm zehntausend Zentner Silber schuldig. Da er’s nun nicht bezahlen konnte, befahl der Herr, ihn und seine Frau und seine Kinder und alles, was er hatte, zu verkaufen und damit zu bezahlen. Da fiel ihm der Knecht zu Füßen und flehte ihn an und sprach: Hab Geduld mit mir; ich will dir’s alles bezahlen. Da hatte der Herr Erbarmen mit diesem Knecht und ließ ihn frei und die Schuld erließ er ihm auch.“ Wo gibt es einen solchen König, der seinem Knecht so viel Geld ausleiht? Eigentlich gibt es nur einen solchen König – das ist Gott selbst. Er hat uns so unheimlich viel anvertraut: er hat uns das Leben selbst geschenkt; und er hat uns mit so vielen Gaben und Fähigkeiten beschenkt; er hat uns Gesundheit verliehen; Familien, Kinder, Arbeitsstellen anvertraut; wir haben solch ein unermesslich großes Kapitel von Gott anvertraut bekommen. Und unser König möchte, dass wir Rechenschaft ablegen, wie wir all dieses Kapital für ihn eingesetzt und gut gebraucht und verwaltet haben. Dann stellen wir fest, wie der Knecht im Gleichnis, dass wir zutiefst in der Schuld des Königs sitzen. Wir können gar nicht wieder gutmachen geschweige denn zurückzahlen, was wir von Gott bekommen haben. Wir erkennen mehr und mehr, wie selbstsüchtig wir gelebt; Anvertrautes verprasst und verspielt haben. Und was wir einmal versäumt haben, können wir nie wieder gutmachen.
Sehen wir uns Vers 27 an: „Da hatte der Herr Erbarmen mit diesem Knecht und ließ ihn frei und die Schuld erließ er ihm auch.“ Das ist genau die Lage von uns versündigten Menschen. Wir können uns vorstellen, wie ärgerlich der König gewesen sein muss, dass sein Knecht so eine große Summe veruntreut hatte und nun nicht in der Lage war auch nur einen Bruchteil dieses Betrags zurückzuzahlen. Der König befahl dem Knecht, seine Frau und Kinder und all seine Habe zu verkaufen. Der Knecht musste seinem Herrn demütig zu Füßen fallen und bat um Geduld. Da schenkte der Herr ihm unerwartete Gnade: er lies den Knecht frei und erließ ihm alle seine Schulden!
In dieser Woche kam der neue griechische Finanzminister Varoufakis nach Berlin und sprach mit unserem Bundesfinanzminister Dr. Schäuble. Stellen wir uns einmal vor, Minister Schäuble hätte wie dieser König gehandelt und plötzlich gesagt: „Wissen Sie was, Herr Varoufakis? Ich habe beschlossen,die ganzen finanziellen Forderungen an Griechenland sind ihnen erlassen!“ Das wäre doch eine unvorstellbar, wirklich unsere Vorstellungskraft übersteigende Gnade, nicht wahr? Griechenland könnte ein Freudenfest feiern und befreit in eine wunderbare neue Zukunft starten.
Levi war ein Zöllner, der sogar von seinem eigenen Volk zu viel Steuern abkassierte, um sich dadurch zu bereichern. Niemand mochte solch einen selbstsüchtigen Menschen. Eines Tages kam Jesus an seinem Zollhäuschen vorbei. Wir wissen nicht, ob Levi auch Jesus zu viel Steuern abkassieren wollte. Auf jeden Fall sah Jesus diesen Zöllner mit der Hoffnung Gottes und umarmte ihn mit der vergebenden Liebe. Jesus sprach zu ihm: „Folge mir nach!“ und berief Levi in seine Jüngerschaft. Durch die vergebende Liebe Jesu wurde Levi zu St. Matthäus verändert, der mit seinem neuen Leben zuerst nach dem Reich Gottes trachtete und der uns dieses wunderbare Matthäus-Evangelium aufgeschrieben hat. Vergebende Liebe heißt: Schuldenerlass. Mir ist völlig vergeben und ich darf eine neue Geschichte schreiben!
Unser Herr Jesus hat mir und uns alle Schuld erlassen! Wir schuldeten ihm unser Leben, weil wir wieder und wieder gegen Gott gesündigt, seine Gebote mit Füßen getreten und darum Gottes Zorngericht und ewige Verdammnis absolut verdient hatten. Doch statt unser Leben zu fordern, entschloss Gott sich, seinen einzigen und geliebten Sohn, Jesus Christus, als Opferlamm für unsere Schuld am Kreuz darzubringen. Dafür verließ Jesus seine himmlische Herrlichkeit, kam in diese Welt. Er kam als der von Gott verheißene Retter, der durch seine vollkommene Hingabe am Kreuz den Schuldbrief zerrissen und uns durch das Opfer seines Sohnes von allen Forderungen des Gesetzes und von aller Sündenschuld frei gemacht hat. Wegen dieser Gnade Gottes haben wir allen Grund zu jubeln, zu singen, Gott zu preisen. Nicht nur das: wir dürfen dadurch sogar eine neue Glaubensgeschichte schreiben.
Wir erinnern uns an Elisabeth Elliot – eine der einflussreichsten christlichen Frauen unserer Zeit. Ihr Ehemann Jim Elliot, wurde 1956 von Auca-Indianern im Osten von Ecuador getötet, als er versuchte als Missionar Kontakt zu diesem gefürchteten Indianerstamm aufzunehmen. Elisabeth Elliot ging später zusammen mit ihrer 3-jährigen Tochter als Missionarin zu den Aucas und diente ihnen mit der vergebenden Liebe Jesu. Die vergebenden Liebe Jesu prägt bis heute das Leben von Elisabeth Elliot. Viele Jahre diente sie der Rundfunkmission und bei jeder ihrer Ansprachen grüßte Sie ihre Hörer mit den Worten: „Sie sind geliebt mit einer nicht endenden ewigen Liebe. Das ist es, was die Bibel sagt!“
Solche nicht endende ewige Liebe können wir nirgendwo in dieser Welt finden, sondern nur in Gott allein. Kein einziger Mensch auf dieser Welt kann so reagieren, wie der König in dem Gleichnis Jesu. Nur Gott allein liebt und vergibt so bedingungslos. Er hat alle unsere Sündenschuld in dem Blut Jesu völlig ausgelöscht und sie in der Tiefe des Meeres versenkt! Wir waren ohne jede Hoffnung – verloren in der ewigen Schuld. Aber Gott ergriff die Initiative und löschte unseren unüberwindbaren Schuldenberg völlig aus. Apostel Paulus preist diese Gnade Gottes im Römerbrief Kapitel 6,10-14: „Denn was er gestorben ist, das ist er der Sünde gestorben ein für alle Mal; was er aber lebt, das lebt er Gott. So auch ihr, haltet dafür, dass ihr der Sünde gestorben seid und lebt Gott in Christus Jesus. So lasst nun die Sünde nicht herrschen in eurem sterblichen Leibe, und leistet seinen Begierden keinen Gehorsam. Auch gebt nicht der Sünde eure Glieder hin als Waffen der Ungerechtigkeit, sondern gebt euch selbst Gott hin als solche die tot waren und nun lebendig sind, und eure Glieder Gott als Waffen der Gerechtigkeit. Denn die Sünde wird nicht herrschen können über euch, weil ihr ja nicht unter dem Gesetz seid, sondern unter der Gnade.“
Philipp Friedrich Hiller hat diese Gnade und das Erbarmen Gottes einmal mit folgenden Liedversen ausgedrückt:
(1) Mir ist Erbarmung widerfahren, Erbarmung, deren ich nicht wert; das zähl ich zu dem Wunderbaren, mein stolzes Herz hat’s nie begehrt. Nun weiß ich das und bin erfreut und rühme die Barmherzigkeit.
(2) Ich hatte nichts als Zorn verdienet und soll bei Gott in Gnaden sein! Gott hat mich mit sich selbst versühnet und macht durchs Blut des Sohns mich rein. Wo kam dies her, warum geschieht’s? Erbarmung ist’s und weiter nichts.
(5) Gott, der du reich bist an Erbarmen, reiß dein Erbarmen nicht von mir und führe durch den Tod mich Armen durch meines Heilands Tod zu dir! Da bin ich ewig recht erfreut und rühme die Barmherzigkeit.
Als nun der Knecht vom König hinausging, traf es sich, dass ihm einer seiner Mitknechte begegnete, der ihm noch hundert Silbergroschen schuldete. Lesen wir einmal die Verse 28-30 gemeinsam: „Da ging dieser Knecht hinaus und traf einen seiner Mitknechte, der war ihm hundert Silbergroschen schuldig; und er packte und würgte ihn und sprach: Bezahle, was du mir schuldig bist! Da fiel sein Mitknecht nieder und bat ihn und sprach: Hab Geduld mit mir; ich will dir’s bezahlen. Er wollte aber nicht, sondern ging hin und warf ihn ins Gefängnis, bis er bezahlt hätte, was er schuldig war.“ Wenn wir diese Verse lesen, dann schütteln wir mit dem Kopf und denken: „Wie ist denn so etwas möglich?!“ Aber sind wir einmal ehrlich gegenüber uns selbst. Wie kleinkariert sind wir, wenn es um die Schuld der anderen geht? Und wie großzügig gegenüber uns selbst! Wir müssen bei uns selbst beginnen und Buße tun, dass wir mit der unermesslichen Güte und Gnade Gottes Schindluder getrieben haben.
Ich habe hier aufgenommen, welch eine überfließende Gnade Gottes ich durch die völlige Vergebung meiner Schuld und Sünde empfangen habe. Mit herzlicher Buße möchte ich den Hoffnungsträgern und meinen Kindern mit der Gnade Jesu, die ich selbst empfangen habe, dienen und die vergebende Liebe Gottes durch mein neues Leben praktizieren. So darf ich einen neuen Anfang machen und eine Seele bis zum Ende lieben.
Als Jesus einst in das Leben von Zachäus kam und bei ihm einkehrte, da schmeckte Zachäus die wunderbare Gnade Jesu. Er trat vor den Herrn und sprach: (Lk 19,8b) „Siehe, Herr, die Hälfte von meinem Besitz gebe ich den Armen, und wenn ich jemanden betrogen habe, so gebe ich es vierfach zurück.“ Gott segne uns, dass wir in diesem Jahr reichlich die empfangene Gnade Gottes mit unseren Nächsten teilen und den jungen Menschen mit dem Bibelstudium geistlich dienen.
Wie reagierte der König, als er davon erfuhr, dass sein Knecht, dem er alle Schulden erlassen hatte, gegenüber seinem Mitknecht so unbarmherzig und nachtragend gewesen war? Lesen wir Vers 34: „Und sein Herr wurde zornig und überantwortete ihn den Peinigern, bis er alles bezahlt hätte, was er ihm schuldig war.“ Als der Knecht die überreiche Gnade des Königs mit Füßen trat, wurde der König über die Maßen zornig und forderte seine ganze erlassene Schuld zurück. Sehen wir uns Vers 35 an: „So wird auch mein himmlischer Vater an euch tun, wenn ihr einander nicht von Herzen vergebt, ein jeder seinem Bruder.“ Diese harten Worte Jesu dürfen wir nicht relativieren. Diese Verse lehren uns, dass die zugesprochene Vergebung von Gott zurückgenommen werden kann, wenn man die Gnade Jesu mit Füßen tritt. Wir lernen hier, dass wir statt die jungen Menschen zu verurteilen oder zu verdammen, ihnen vielmehr mit der vergebenden Liebe unseres Herrn Jesus begegnen, sie geistlich umarmen und ihnen bis zum Ende von der Liebe Jesu erfüllt, dienen dürfen.
Unsere Kinder und Jugendlichen der Nächsten Generation haben den großen Segen Gottes empfangen, in einer gläubigen Umgebung aufzuwachsen, wo sie das Wort Gottes studieren und den Glauben ihrer Eltern lernen dürfen. Lasst uns für sie beten, dass sie ein tiefes Bewusstsein für die überfließende Gnade Gottes bekommen, Jesu Herrschaft annehmen und mit ihrem Leben Gott dienen. Dann wird die vergebende Liebe Jesu durch sie zu vielen jungen Menschen weiterfließen.
Im heutigen Text haben wir kennengelernt, mit der vergebenden Liebe Jesu unserem Bruder, der an uns gesündigt hat, bedingungslos zu vergeben und ihn zur Buße zu führen. Danken wir Gott für seine überaus große Barmherzigkeit an unserem Leben, dass er uns in dem Blut Jesu unsere unermesslich große Schuld erlassen und das neue Leben geschenkt hat. Nun liegt es an uns, diese empfangene Gnade mit der vergebenden Liebe weiterfließen zu lassen zu unseren Brüdern, Schwestern, Kindern, Hoffnungsträgern. Gott segne uns, mit der „siebzigmal siebenmal“ vergebenden Liebe Gottes ein klares Zeichen zu setzen und den Hass und das Böse dieser Welt zu überwinden.